Der Infoladen Wilhelmsburg lädt ein zu einer Info- und Diskussionsveranstaltung unter dem Titel „Selber Penner! Wohnungslosigkeit im Kapitalismus“
Die Öffentlichkeit bespricht Deutschland gern als „Wohlstandsgesellschaft“: Die Geschäfte sind voll und von der Stereoanlage bis zum Bagger und Kran ist alles da. Gleichzeitig kämpfen nicht zu knapp Leute damit immer mehr von ihrem Einkommen für die Miete abdrücken zu müssen; für sie stellt sich die Frage ob sie sich das Dach über dem Kopf überhaupt noch leisten können. Bei der Wohnungssuche ist man oft gezwungen auf unattraktivere Gegenden auszuweichen. Klar ist auch, dass die Suche nach einer bezahlbaren Wohnung sehr lange dauern kann. Entsprechend zur Wohnungsnot steigen die Zahlen wohnungsloser Menschen an. Nach Schätzungen des Dachverbandes „Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe“ – staatliche Daten zu Wohnungslosigkeit werden in der BRD nicht erhoben – hatten im vergangenen Jahr 284.000 Menschen keinen mietvertraglich abgesicherten Wohnraum zur Verfügung. Das bedeutet einen Anstieg um 15 % seit 2010! Der Verband schätzt, dass 2016 bis zu 380.000 Menschen wohnungslos sein werden.
Die Mehrheitsgesellschaft nimmt wohnungslose Menschen, insbesondere den Teil davon der auf der Straße lebt, verschieden war. Diese reicht von gewalttätiger Ablehnung, Verachtung, Ignoranz über Bedauern hin zu einer beschönigenden. Dominierend in der Erklärung warum Menschen wohnungslos werden sind Theorien und Geschichten, die besagen, dass mit „Brüchen in der Biographie“ nicht richtig umgegangen wurde. Darunter werden so verschiedene Dinge wie der Verlust des Arbeitsplatzes, eine Beziehungstrennung oder eine Suchterkrankung subsumiert. Gemein ist einem Großteil dieser Theorien und der alltäglichen Betrachtung des Phänomens, dass der oder die Einzelne an einem bestimmten Moment im Leben nicht richtig reagiert, ungenügend vorgesorgt oder sich zu sehr gehen lassen hat. Wohnungslosigkeit wird so zu einem individuellen Schicksal, dass „mir nie passieren könnte.“ Aber: Wie kommt es eigentlich das selbst harmlose Schicksalsschläge zu bitterer Armut führen?
In der Veranstaltung wollen wir uns abwenden von der individualisierenden Einordnung sowie den halbherzigen Erklärungen des massenhaften Ausschlusses vom Wohnungsmarkt. Stattdessen wollen wir gemeinsam versuchen Wohnen und Wohnungslosigkeit in seiner sozialökonomischen Grundsätzlichkeit begreifbar zu machen. Im Mittelpunkt stehen Fragen wie: Welche Rolle hat der Mieter, welche der Eigentümer der Wohnung? Welche Interessen hat der Staat in der Wohnungsfrage? Wessen Rechte und Interessen schützt und setzt er durch? Kann es überhaupt ein „schönes Wohnen für alle“ in einer Gesellschaft geben, in der Wohnen ein Mittel zum Vermehren von Eigentum in Form von Geld ist?
Um dem Antworten auf diese Fragen zu finden und gemeinsam zu diskutieren, haben wir den „Arbeitskreis Auflösen“ aus Bremen eingeladen. Dieser analysiert seit längerem kritisch gesellschaftliche Zustände und veröffentlicht auch dazu. Zum Lesen und Vorbereiten auf die Veranstaltung klickt doch mal auf der Webseite der Gruppe und durch deren Veröffentlichungen.
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