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Kündigung des Infoladens durch Saga zurückgenommen

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Anfang April 2010 wurde dem Infoladen Wilhelmsburg ohne Angabe von Gründen die Räumlichkeit in der Fahrstrasse 10 durch die SAGA-GWG zum 30.06.2010 gekündigt. Diese Kündigung wurde nicht widerspruchslos hingenommen und vielfältig politisch bekämpft.

Im Gespräch mit der SAGA-GWG gab ein Vertreter der SAGA offen zu, dass dem Infoladen gekündigt wurde, weil dieser sich kritisch zur IBA(Internationale Bauaustellung)geäußert hatte.(!) Die SAGA ist Kooperationspartnerin der IBA.

Im Juni 2010 hat die SAGA die Kündigung schließlich aufgrund der Proteste zurückgenommen und der Kampange “Kein Tag ohne Infoladen” zurückgenommen. Wir bedanken uns bei allen, die uns solidarisch unterstützt haben!

Hier eine kleine Dokumentation.

Presseartikel

Indymedia Artikel zur Kündigung: [HH] Saga will Infoladen-Wilhelmsburg loswerden

Die Mopo berichtet über unsere Kündigung unter dem Titel SAGA kündigt Bauaustellungs-Gegnern

Die taz berichtet unter dem Titel Das falsche Plakat aufgehängt.

Unter dem Titel Hamburg: Kündigungsgrund Aufwertungskritik? ist ein Artikel im Gentrification Blog erschienen
Unter dem Titel Was wird aus der “Küfa”? ist ein Artikel in der HAN erschienen

Neuer Artikel zum Verlauf der Kampagne “Träume brauchen Räume – kein Tag ohne Infoladen!” auf indymedia:
HH – Infoladen Wilhelmsburg – Aktuelles

Solierklärungen

Das Gängeviertel solidarisiert sich mit einem offenen Brief an die SAGA mit uns.

Wir freuen uns über die Soli-Erklärung vom Anna & Arthur!

Die Bürgerschaftsfraktion der Linken gibt eine Pressemiteilung zur Kündigung raus:

[a²] Hamburg solidarisiert sich Kein Tag ohne Infoladen in Wilhelmsburg!

Positionspapier zur Kündigung des Infoladens Wilhelmsburg zum 30.06.2010 durch die Saga

Die Saga hat den Infoladen Wilhelmsburg zum 30.6. 2010 ohne Angaben von Gründen gekündigt. Zwar entspricht dies den rechtlichen Grundlagen und ist somit auf juristischer Ebene nicht anfechtbar, dennoch beziehen wir, der Infoladen Wilhelmsburg, zu diesem systematischen Vorgehen der Saga Stellung. Die Saga wurde gegründet, um sozialen und günstigen Raum von der Stadt verwalten zu können, so dass nicht nur Geld und Status Wohnraum ermöglichen. Die letzten Jahre widersprechen dieser Zielsetzung eindeutig, vermehrt wird sichtbar, dass die Saga Teil verdrängender Mietspekulationen ist. Sei es, dass die Mieten trotz vernachlässigter Wohnungen an den hochgetriebenen Mietspiegel angeglichen werden – Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt werden – oder Sozialwohnungen nur noch einen Minimalsatz des Saga- Wohnungsbaus ausmachen. Das Selbstbild der Saga GwG widerspricht diesen Tatsachen. Im Widerspruch dazu feiert sich die Saga als Unternehmen, welches sich seiner „Gesellschaftlichen Verantwortung“ bewusst ist und setzt sich als Befürworter von „Klimaschutz“ und „sozialem Ausgleich durch Kunst und Sport“ und somit einer steigenden „Lebensqualität“ in Szene (1). Des Weiteren ist sie Partner der IBA und IGS 2013, die ‚Projekte für die Metropole der Zukunft‘ in Wilhelmsburg erstellt und dabei den Prozess der Gentrifizierung initiiert (2).

Gentrifizierung ist ein bewusst gesteuerter Prozess, der darauf abzielt durch Angebote in Infrastruktur und Dienstleistung neue Bewohner in ein Stadtviertel zu ziehen, heißt das Viertel wird aufgewertet. Erfolgte Umbaumaßnahmen und Neubebauungen sind darauf ausgerichtet einen sozialen Wandel zu erreichen. Klassisch ist dabei auch, dass einkommensschwache Stadtviertel zu einkommenstärken Quartieren gewandelt werden. Den dort lebenden Menschen bleibt nur der Wegzug. Dieser Prozess wird meist auf eine politischen Ebene angestoßen und von dieser getragen. Auch städtische Unternehmen sind Teil dieser Umstrukturierungen- heißt in Hamburg ist auch die SAGA GWG Träger eine Mitverantwortung dieser sozialen Vertreibung von Anwohner_Innen. Im Vorstand der SAGA GWG sitzt Frau Hajduk, die in der Funktion als Senatorin für Stadtentwicklung und Umwelt, die politischen Interessen Hamburgs in der Stadtentwicklung vertritt und dabei die ökonomischen Interessen der Stadt durchsetzt. Wir vom Infoladen Wilhelmsburg verstehen die Kündigung als ein Opfer des Gentrifikationprozesses und nehmen diesen zum Anlass, den Widerstand gegen die IBA usw. zu organisieren. Aus diesem Grund werden wir uns im Folgenden auch zum derzeitigen Umstrukturierungsprozess äußern und erkennen die Kündigung als Zeichen gegen Kritiker_Innen der IBA &IGS 2013 beziehungsweise als Angriff auf soziale und politische Freiräume.

Die internationale Bauaustellung – oder auch „Entwürfe für die Zukunft der Metropole“ (3): Mit diesen Projekten liefert die IBA Hamburg innovative, nachhaltige Beiträge zu aktuellen Fragen der Metropolenentwicklung (Internationalisierung der Stadtgesellschaft, Gestaltung von inneren Stadträndern, die Rolle der Stadt im Klima-wandel) und zeigt beispielhafte Lösungen für die drängenden Probleme der Stadt – für städtebauliche Probleme wie auch für Fragen der städtischen Ökonomie und des Zusammenlebens. Zu ihren Projektideen gehören beispielsweise der Umbau eines ehemaligen Bunkers zum „Energiebunker“ – ein energiegewinnendes Veranstaltungszentrum mit der größten Sonnenkollektorfläche Europas, eine breit angelegte Bildungsoffensive sowie die „Neue Mitte Wilhelmsburg“ – ein Areal mit Wohngebäuden, Freizeitangeboten, Einzelhandel und dem neuen Standort der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (4).

Diese Vorhaben der IBA 2013 bzw. von deren Fachleuten basiert auf einer Unterstellung, in der kein Leben, keine Menschen in Wilhelmsburg existieren und damit auch keine Lebensqualität. Doch dies widerspricht der Realität. Es gibt Menschen, Einzelhandel, Wohnungen und Freizeitangebote- vielleicht gilt als Einschränkung, dass die Menschen nicht rundum vermögend sind, einen Migrationshintergrund haben, ihre Wohnungen klare Defizite in qualitativem Standard vorweisen und vielleicht sind kleine Familienläden nicht so umsatzstark und die Parks nicht so modern wie es eine Weltstadt gerne hätte. Vielleicht ist das einfach nicht das Bild des multikulturellen, grünem und belebten Stadtviertels, dass die IBA- Fachleute und der Hamburger Senat und Wirtschaft als Maßstab geltend machen. Im Zuge dessen gibt es ja auch noch die Internationale Gartenschau… „Es geht bei der igs 2013 nicht nur um Gärten und Blumen – Ziel ist die Erschaffung eines  Stadtparks für das 21. Jahrhundert auf der Elbinsel Wilhelmsburg, Europas größter Flussinsel. Der Standort lässt schon erahnen, dass die attraktive Hamburger Mischung von Wasser und Grün auch hier eine tragende Rolle erfährt. Dies wird verbunden mit den aktuellen Themen von Fitness an der frischen Luft und Wellness in angenehmer Umgebung. Wilhelmsburg ist, außer vom Wasser, von einer internationalen Bevölkerung und dem nahen Hafen geprägt.“ (5)

Dieser Weg der ‚Erschaffung‘ verlangt einiges: Derzeit wird ein natürliches Biotop zerstört, damit ein Park geschaffen wird. Ein anderer Park ist nicht mehr zugänglich für die Anwohner aufgrund von Umbaumaßnahmen. Das Schwimmbad Wilhelmsburg wird in einen Wellness- Tempel umgebaut. Und es entsteht eine riesige Outdoor- und Indoor- Kletterhalle. Im Endeffekt lassen Projektvorhaben der IBA den Eindruck entstehen, dass Wilhelmsburg zum neuen Spaßparadies Hamburgs avancieren soll.

Der ‚Sprung über die Elbe‘ entäußert sich dabei zur Farce. Zum Einen den Menschen im Viertel, die in einen existenzbedrohenden Kampf um Wohn- und Lebensraum verwickelt werden und zum Anderen jenen Menschen, die mit geringen Mieten und hohem Lebenskomfort hierher gelockt werden, um dann nach kurzer Zeit feststellen zu müssen, dass Wohnungsmängel und Höhe der Miete genauso wie in der Schanze, Pauli, Altona und St . Georg Alltag sind. Letztendlich ist die Gentrifikation-Politik in Wilhelmsburg ein Prozess, der sich nur auf einer Image-Ebene bewegt. Heißt her mit den Studenten, jungen kreativen Köpfen, Jungunternehmern und jungen deutschen Familien von der anderen Elbseite. Die grüne Insel Wilhelmsburg wartet auf euch. Heißt aber auch: An den Wohnungen wird nix gemacht, sie werden nur teurer. Und die Alteingesessen Menschen und Strukturen werden verdrängt. Wilhelmsburg als neuer Beleg für unsoziales und kapitalistisches Arbeiten.

Dennoch leben wir hier. Wir sitzen im Grünen mit unseren Familien und Freunden, kaufen beim Händler um die Ecke ein und grüßen unsere Nachbarn. Wir zahlen unsere Miete in der Hoffnung, dass auch die Mängel behoben werden. Wir leben in diesem Stadtteil und zwar bewusst. Wir haben keine Lust auf ein Viertel mit überteuerten Mieten, voller Cafes, hippen Leuten, die teure Klamotten in ihren Geschäften verkaufen. Wir wollen nicht, dass die alten angesiedelten Geschäfte schließen müssen wegen höherer Mieten, oder weil die Vermieter das Viertel mit jüngeren Geschäftsideen besetzen wollen. Wir brauchen keinen Sauna- und Wellness-Tempel, wo die Familien auf eine Tageskarte sparen müssen und die Kids nicht am Schwimmunterricht teilnehmen können, weil die Preise zu hoch sind. Wozu eine Kletterhalle? Wenn das Geld für Eintritt, Ausrüstung nicht da ist. Natürlich freuen wir uns darüber, wenn die Spielplätze und Sportplätze brauchbar und schön sind, wenn auch der Park neue Bänke und Tische bekommt, das Schwimmbad eine Wasserrutsche und ein breites Angebot für sportliche Aktivitäten hat, wir negieren die Veränderungen nicht. Auch wir haben Lust auf Lebensqualität. Doch zu einer Bedingung. Sie muss bezahlbar sein, im Idealfall umsonst, so dass jeder Mensch unabhängig vom Einkommen, diese Freizeitoptionen wahrnehmen kann. Doch bereits die öffentliche Diskussion mit Frau Hajduk zum Thema Eintrittspreise für Schüler in der zukünftigen Kletterhalle blieb offen (6). Dennoch sollte über die Insel hinaus geschaut werden, inwiefern solche Umstrukturierungsprozesse sozial bleiben. Das Budget für die Hafencity, die U4 oder die Elbphilharmonie scheint unendlich, doch Gelder die die Menschen bekommen sollen, sind dagegen kaum erwähnenswert. Und deshalb warnen wir davor, die Veränderungen in diesem Viertel als ausschließlich positiv zu empfinden. Denn Mieterhöhungen, Streichung von Geldern für soziale Projekte oder Kündigungen von Mietverträgen insbesondere sozialer und ehrenamtlicher Projekte sind erfahrungsgemäß die Begleiterscheinungen einer solchen Umstrukturierung. Das ist keine Aufwertung der Lebensqualität. Das ist Verdrängung – von Menschen, von Familien, von Leben. Das ist bodenlose und menschenverachtende Spekulation um Raum und Geld. Und das werden wir nicht akzeptieren. Und die Saga mischt ordentlich mit. Es geht um Umstrukturierung mit dem Ziel mehr Geld einzunehmen, sei es durch die Menschen vor Ort über Mietverhältnisse oder durch die Besucher, die den grünen, multikulturellen und szenigen Stadtteil zukünftig besuchen sollen oder jene, die sich hier ansiedeln sollen für eine attraktive und umsatzstarke Infrastruktur. Der Anfang ist gemacht: die Rundfahrt mit dem Bus durch das Reiherstieg- Paradies bietet Ihnen viele exotische und fremde Eindrücke, die sie faszinieren werden. Heute im Angebot: Die Familien- Tageskarte für 25Euro.

Und in dem Wissen von all diesen Veränderungen, Ambitionen der Stadt und inmitten des Wilhelmsburger Alltagsleben soll wieder einmal ein Raum spurlos verschwinden, der versucht sich kritisch mit dieser Entwicklung auseinander zu setzen und in dem Ganzen, als Alternative einen Raum zu schaffen versucht, der soziales und politisches Interesse und Handeln in sich füllt. Der Infoladen Wilhelmsburg als Initiative wurde vor zwei Jahren von jungen Leuten gegründet, die auf Grund von überhöhten Mieten den Sprung über die Elbe wagten. Gründe waren mangelndes Geld wie aber auch Umstrukturierungen bekannter Viertel zu Spaß- und Konsummeilen und dem Widerwillen Teil von so etwas zu sein und darin zu leben. Die Idee des Ladens besagt, ein soziales Wilhelmsburg sichtbar zu machen und zu gestalten. Dabei setzten wir uns zum Ziel, kritisch damit umzugehen, dass auch viele von unseren Mitgliedern im Rahmen von Förderungsprogrammen in diesen Stadtteil kamen. Aus diesem Grund lag es in unserem Interesse, uns in den Stadtteil zu integrieren, insofern es unsere Kapazitäten zulassen. Es ging uns nicht darum, den Stadtteil zu ändern oder ähnliches, sondern wir haben uns für die Form entschieden, einen Raum zu schaffen, der offen ist für alle, die sich politisch, sozial und gesellschaftlich interessieren. Diesen Anspruch haben wir versucht auf unseren 28 qm über die letzten zwei Jahre gerecht zu werden. Unser Infoladen als Treffpunkt ist frei von Kategorien des Alters, Geschlechts, sozialem Milieu, Lebenslauf oder Nationaler Zugehörigkeit. Es wird miteinander gesprochen, sich ausgetauscht, geholfen, gemeinsam Zeit verbracht, sei es beim Kaffee trinken oder gemeinsamen Essen. Dieser Raum will kein Geld erwirtschaften oder sich verkaufen. Dieser Raum will nichts, sondern er bietet allen Interessierten eine Möglichkeit, Teil zu werden und sich zu integrieren. Letztendlich bedeutet genau das, Verantwortung zu übernehmen, für sich selbst und seine Mitmenschen und für seinen Stadtteil, ihn zu gestalten, mit zu tragen und dabei die erwähnte Lebensqualität zu schaffen, die allen zugänglich und erfahrbar sein muss. Umso erstaunlicher und doch auch verständlich, warum die Saga uns nicht mehr in der Fährstraße haben will, haben wir doch die selben Vorhaben… wohl unser Ansatz vom selbstorganisierten und unkommerziellen Agieren passt wohl eben nicht in das Konzept der Saga und im weiteren der Stadt- zu bunt und selbstbestimmt sind die Menschen, die dort ein und ausgehen, zu kritisch gegenüber den bestehenden sozialen, politischen und gesellschaftlichen Zuständen in dieser Stadt und dieser Welt- zu eigen für die Vorhaben der Saga im Rahmen der IBA und IGS 2013 aus Wilhelmsburg bzw. dem Reiherstieg- Viertel eine zweite Schanze zu machen. Die Plakate im Fenster passen nicht zur Saga.

Und das wollen wir auch nicht.

Mit den uns gegebene Mitteln und Ansprüchen bleibt uns nichts als die Kündigung hinzunehmen- akzeptieren werden wir sie nicht. Unsere Kritik und unser Aufbegehren richtet sich nicht nur auf unseren Laden, der uns genommen worden ist, sondern gegen all jene, die Menschen ihren Raum als Wohnung oder sozialen Treffpunkt nehmen. Wir rebellieren gegen die Saga, gegen die IBA/ IGS 2013, gegen den Hamburger Senat, gegen jene, die eine solche Entwicklung in dieser Stadt und überall forcieren, die fern von jeglicher sozialer und gesellschaftlicher Gerechtigkeit ist und soziale Unterschiede nur noch ausreizt und verhärtet. Gegen jene, die sexistische, rassistische, faschistische und kapitalistische Politik betreiben! Und somit reihen wir uns ein in den Block von Menschen, Initiativen und Vereinen, die gegen die Saga aufbegehren und sie zu einer neuen Politik animieren wollen, die tatsächlich in dem Interesse der Hamburger_Innen steht und nicht mehr von wirtschaftlichen Interessen geleitet ist. Wir rufen alle Betroffenen und Interessierten auf, sich dem Bündnis ‚Recht auf Stadt‘ anzuschließen und sich der gebündelten Heterogenität zu Nutze zu machen und einen gemeinsamen Kampf aufzunehmen. Für ein selbstbestimmtes Leben! Frei von Diskriminierung. Für Räume, die für die Menschen sind und durch die sie leben. Träume brauchen Räume – Kein Tag ohne Infoladen!

Infoladen Wilhelmsburg

(1) Saga-GWG-Homepage
(2) Iba-hamburg.de
(3) Igs-hamburg.de
(4) Igs-hamburg.de
(5) igs-hamburg
(6) http://www.hamburg.de/politik-und-projekte/2059318/kletterhalle.html

Pressemitteilung vom 18.05.2010
Gesprächsangebot der Internationalen Bauausstellung (IBA) an den Infoladen Wilhelmsburg

Zum 29. April 2010 erhielten wir, der Infoladen Wilhelmsburg, ein Gesprächsangebot der IBA bezüglich der Umstände der Kündigung unserer Räumlichkeiten durch die SAGA-GWG. Offenbar möchte die IBA mit einem klärenden Gespräch bei Kaffee und Kuchen das Bild aus der Welt räumen, dass die Kündigung des Mietvertrages mit den IBA-kritischen Positionen des Infoladens in Verbindung steht. Dass einzelne Verantwortliche von SAGA-GWG quasi im vorauseilenden Gehorsam der IBA kritische Stimmen vom Leib schaffen wollten, lässt die IBA deshalb noch lange nicht in einem besseren Licht erscheinen.

Von Anfang an behauptete die IBA, großen Wert auf Mitbestimmung zu legen und so die Umstrukturierung Wilhelmsburgs gemeinsam mit den Bewohner_innen zu planen. Es ist wahr, dass sich die IBA auch kritische Stimmen anhört und sich dialogbereit gibt, von Mitbestimmung kann dennoch nicht die Rede sein. Die sogenannten Bürgerdialoge der IBA haben es nur allzu deutlich gezeigt: Mitreden darf, wer keinen grundsätzlichen Zweifel an der Umstrukturierung des Stadtteils und den sozialen Folgen hat. Die IBA greift sich die leicht integrierbaren Positionen heraus und rühmt sich mit der Einbeziehung von Teilen der lokalen Zivilgesellschaft, um dem Großprojekt Legitimität zu verleihen. Auf eine verbindliche Äußerung der IBA bezüglich steigender Mieten und der Verdrängung von Bewohner_innen wartet man vergeblich. Doch genau das ist Resultat der „Aufwertung“ des Stadtteils. Wilhelmsburg soll für Investoren, Vermieter und finanzkräftigere Bewohner_innen attraktiv gemacht werden. Viele derzeitige Mieter werden sich die steigenden Mieten nicht mehr lange leisten können und an die Ränder der Stadt vertrieben werden. Gegen eine Verbesserung des Wohnumfeldes hat sicherlich niemand etwas einzuwenden, die sozialen Folgen durch die Veränderung der Bevölkerungsstruktur und des Charakters des Viertels werden von der IBA allerdings bewusst ausgeblendet oder als unumgänglich abgetan.

Eine Sprecherin des Infoladens Wilhelmsburg erklärte: „Für uns gibt es keinen vernünftigen Grund mit der IBA zu diskutieren. Sie steht für einen Prozess der Verdrängung einkommensschwacher Menschen aus dem Stadtteil und daran ändert auch ihre vorgegaukelte Gesprächsbereitschaft nichts. Wir sehen, wie die IBA auf das kreative Potential rund um den Infoladen schielt, doch wir lassen uns nicht für die ehrenamtliche Aufwertung des Stadtteils instrumentalisieren. Unsere Ansprechpartner bleiben die Bewohner_innen im Viertel und nicht die staatlichen oder privaten Institutionen, die eine Entwicklung in Gang setzen, welche für die hier lebenden Menschen nichts Gutes verspricht.“

Pressemitteilung vom 20.04.2010
Träume brauchen Räume – Kein Tag ohne Infoladen!
Infoladen Wilhelmsburg geht ins Exil und lädt ein zum ersten Umsonst-Flohmarkt.

Dem Infoladen Wilhelmsburg wurde zum 30.06. von der SAGA-GWG gekündigt. Deshalb sind am Freitag dem 23.04.2010 um 20.00 Uhr alle Interessierten, Freund_innen und Nachbar_innen des Infoladens zu einer kleinen Informationsveranstaltung im Südbalkon in der Industriestraße 117 eingeladen. Thema des Abends ist der Stand der Kampagne „Träume brauchen Räume – Kein Tag ohne Infoladen!“ und die Perspektiven rund um den Kampf zum Erhalt des Ladens. Anschließend ist Zeit für ausgedehnte Diskussionen und einen Drink an der Bar. Bereits einen Tag später, am Samstag dem 24.04.2010 ab 13.00 Uhr, wird vor dem Infoladen in der Fährstraße 10 die Umsonst-Flohmarkt-Saison eröffnet. Bei fairem Kaffee und Kuchen kann nach Herzenslust gestöbert und verschenkt werden. Alles ist, wie der Name schon sagt, umsonst. Wer mag bringt selbst Dinge vorbei, die nicht mehr gebraucht werden und deshalb verschenkt werden können. Sinn und Zweck des Umsonst-Flohmarktes ist es, eine Alternative zum bestehenden Wirtschaftssystem und der damit verbundenen Wegwerfmentalität aufzuzeigen. Solidarisches Miteinander und bewusster Umgang mit den Ressourcen der Erde werden praktisch erlebbar.

Die Kündigung begründet Harald Schulze (SAGA-GWG, Gewerberaumvermietung) mit der Plakatierung der Außenfassade und der kritischen Haltung des Ladens gegenüber der Internationalen Bauausstellung (IBA), welche Kooperationspartnerin der SAGA-GWG ist. Der Infoladen-Wilhelmsburg und dessen Trägerverein, die „Initiative für ein soziales Wilhelmsburg e.V.“, versteht dieses Vorgehen als politische Zensur und wird die Kündigung nicht widerspruchslos akzeptieren. „Es ist vor dem Hintergrund der aktuellen stadtpolitischen Situation haarsträubend, wenn die städtische SAGA nicht nur nicht ihrem Auftrag des sozialen Wohnungsbaus nachkommt, sondern auch noch bereits etablierte soziokulturelle Räume verdrängt. Gleichzeitig ist der Senat mit der angeblichen Aufwertung des Stadtteils beschäftigt. […] das ist doch paradox!“, so David Kress, Vereinsvorstand der Initiative für ein soziales Wilhelmsburg e.V.

Pressemitteilung 12.04.2010
Träume brauchen Räume – Kein Tag ohne Infoladen!
Der Infoladen-Wilhelmsburg setzt sich gegen Kündigung durch SAGA zur Wehr

Dem Infoladen-Wilhelmsburg, der von der Initiative für ein soziales Wilhelmsburg e. V. getragen wird, wurde die Räumlichkeit in der Fährstraße 10 durch die SAGA-GWG zum 30.06.2010 gekündigt. Grund ist die IBA-kritische Haltung der Ladenbetreiber. Der Vereinsvorstand trat ins Gespräch mit dem zuständigen Kündigungsbevollmächtigten der SAGA, konnte jedoch keine positive Wendung für den Infoladen erwirken. „Die SAGA war nicht bereit, die Kündigung zurück zu ziehen. Vereine, die sich kritisch mit der IBA auseinander setzen, werden keine Flächen mehr anmieten können. Es ist vor dem Hintergrund der aktuellen stadtpolitischen Situation haarsträubend, wenn die städtische SAGA nicht nur nicht ihrem Auftrag des sozialen Wohnungsbaus nachkommt, sondern auch noch bereits etablierte soziokulturelle Räume verdrängt. Gleichzeitig ist der Senat mit der angeblichen Aufwertung des Stadtteils beschäftigt. Demokratische Prozesse werden verhindert – das ist doch paradox!“, so David Kress, Vereinsvorstand.

Der vor drei Jahren gegründete Infoladen-Wilhelmsburg wird von verschiedenen jungen Leuten ehrenamtlich betrieben. Das heißt, die Öffnungszeiten am Dienstag, Donnerstag und Samstag werden unentgeltlich besetzt. Die wöchentliche „KüfA – Küche für Alle“ am Donnerstag Abend funktioniert wie auch der gesamte Laden einzig über Spenden und Menschen, die sich aktiv in diesem Raum betätigen. Dem Infoladen-Wilhelmsburg liegt ein selbstorganisiertes Konzept zugrunde. Die Miete und sonstige Geldausgaben werden über Mitgliedsbeiträge, Solidaritätsveranstaltungen oder Spenden finanziert. Von daher kann und konnte der Infoladen-Wilhelmsburg nur Raum anmieten, der keine höheren Finanzierungen erfordert. Trotz des beengenden Raumes von 28 qm treffen hier junge Interessierte, Familien, Studierende, Auszubildende, Kreative und Berufstätige aufeinander und gestalten gemeinsam Outdoor-Kino-Vorstellungen, eine Free-Art-Ausstellung, Brunch, Info-Cafés, Vorträge, verkaufen fair angebauten und gehandelten Kaffee und bieten nicht zuletzt kostenlose Hausaufgabenhilfe an. Der Infoladen ist somit Treffpunkt für Menschen, die sozial, politisch und gesellschaftlich agieren wollen. Die Kündigung beendet diese Form der sozialen Kommunikation.

Als Reaktion auf diesen Eingriff der SAGA sind nun diverse bunte Aktionen unter dem Motto „Träume brauchen Räume – kein Tag ohne Infoladen“ angekündigt, die auf die Situation des Infoladens aufmerksam machen sollen. Es wird einen Umsonst-Flohmarkt geben, eine Verlagerung der sonst im Infoladen stattfindenden KüfA – Küche für Alle (veganes Essen gegen freiwillige Spende) vor die SAGA-GWG-Zentrale in der Poppenhusenstraße und andere Orte, einen Stand am Hafengeburtstag, Infoveranstaltungen im Infoladen und ein großes Abschiedsfest. Die genauen Termine werden gesondert bekannt gegeben. Alle Wilhelmsburger_Innen sowie Interessierte sind eingeladen, an den Aktionen Teil zu nehmen.

Posted in Infos und Statements aus dem Infoladen.

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